EU-Azubi-Gipfel am 17. Mai 2021 in Göttingen: Planspiel „SOS Europa“ und Gespräch mit MdEP Katrin Langensiepen
Für 21 Auszubildende der Stadt Göttingen war der Ratssaal des Neuen Rathaus Kulisse eines simulierten EU-Sondergipfels. Statt des Göttinger Stadtrats tagte der Europäische Rat. Thema waren Asyl und Flucht und eine mögliche europäische Lösung. Die 21 Teilnehmer:innen spielten das Planspiel „SOS Europa“, in dem es um eine Einigung in der europäischen Asyl- und Flüchtlingspolitik geht. Sie schlüpften für das Planspiel in die Rollen der Staats- und Regierungschef:innen der EU-Mitgliedsstaaten.
Im Planspiel droht Mitgliedsland Italien mit einem drastischen Schritt: Wenn die anderen EU-Staaten nicht helfen, bliebe nur der Austritt aus der EU. Die Situation gerade auf der italienischen Insel Lampedusa und im Mittelmeer nötige zum Handeln. Das in den vergangenen Jahren mehrfach aktualisierte Planspiel bleibt weiterhin aktuell. Die Situation auf der Insel Lampedusa verschärft sich zurzeit auch in Wirklichkeit. Während die COVID19-Pandemie die Thematik zeitweise in den Hintergrund drängte, gehen jetzt wieder Bilder von Flüchtlingsbooten und den europäischen Außengrenzen um die Welt.
Wie soll die EU mit den ankommenden Menschen umgehen? Ist ein verstärktes humanitäres Engagement vonnöten? Wie werden die geflüchteten Menschen in der EU verteilt? Was seit Jahren zwischen den EU-Mitgliedsstaaten diskutiert wird und bisher ohne Lösung bleibt, kann auch in den Stunden der Simulation nicht gelöst werden. Immerhin: Auf dem gespielten Sondergipfel entscheiden sich die Teilnehmenden für die Bildung eines europäischen Flüchtlingsfonds. Alles Weitere wird vertagt – nicht alle Staaten wollen sich bei der Aufnahme von Flüchtlingen beteiligen. Auch die Rolle der Grenzschutzagentur Frontex bleibt ungeklärt.
Nicht unrealistisch ist das Ergebnis dieses Gipfels – im Abschlussgespräch per ZOOM-Schalte erklärt Grünen-Europaabgeordnete Katrin Langensiepen deshalb den interessierten Teilnehmenden, dass in Europa auch über Abkommen zwischen einzelnen Staaten nachgedacht werden sollte, die für zielführende Lösungen bereit seien. Im Konsens entscheidet man in der EU gerade in der Frage der Flüchtlingspolitik wenig, solange sich Regierungen wie die von Ungarn querstellten. Deshalb nicht weiterzukommen, sei aber auch keine Lösung.
Neben aktuellen Einschätzungen zur Asyl-, Flüchtlings- und Außenpolitik stand MdEP Langensiepen auch Fragen zu ihrem Werdegang Rede und Antwort. „Ich habe nicht studiert“, berichtete sie den Auszubildenden der Stadt Göttingen. Die Politik solle nicht nur Studierten offenstehen, um die Bevölkerung möglichst breit zu repräsentieren. Auf die Frage, ob auf EU-Ebene größere und wichtigere Themen behandelt werden, antwortete Langensiepen: „Man kann nicht nur in der EU etwas bewegen. Ich komme aus der Lokalpolitik und es gibt zahlreiche Möglichkeiten, sich sinnvoll politisch einzubringen.“
Das Planspiel zeigt, wie schwer europäische Lösungen sein können, wenn die Positionen der Mitgliedsstaaten weit auseinandergehen. Aus Planspiel und Abschlussgespräch nehmen die Teilnehmenden mit: Sich politisch engagieren, das geht auch im Kleinen. Und große Lösungen brauchen Zeit.
Die Veranstaltung fand in Kooperation mit der Stadt Göttingen statt.